Portugal, 2017. Ich lebte mit meinen beiden Töchtern in unserem Opel Combo. Edda, die Große, schlief auf der Rückbank, gemütlich mit Fellen ausgelegt, Asa, die Kleine, und ich auf einer über
den Sitzen eingebauten Holzplattform.
Wir waren auf der Suche nach einem Ort, wo wir leben wollten. Manchmal schliefen wir eine Weile am Strand oder bei portugiesischen und ausländischen Hippie-Familien.
Ich hatte schon lange kein Geld mehr verdient und wir sahen dementsprechend aus. Die Klamotten verbleicht, abgewetzt, geflickt... In manchen Bevölkerungsgruppen in manchen Gegenden dieser
Welt wären wir damit wahrscheinlich nicht besonders aufgefallen, aber in Portugal ist das anders. Dort wird extrem viel Wert auf Kleidung und anständiges Äußeres gelegt.
Eines Tages, unser Erscheinungsbild hatte einen Tiefpunkt erreicht und wir waren gerade bei einer menschenfreundlichen, tiefsinnigen, bärtigen Künstlerin in Porto zu Besuch, ging ich mit
meinen Töchtern auf einen Spaziergang in einen öffentlichen Park dieser schönen Stadt.
Ich erinnere mich an einen ungemein gut gekleideten Mann mittleren Alters in einem azurblauen taillierten Mantel, der sich am Wegrand an ein Mäuerchen lehnte. Im Näherkommen erfreute ich mich
an seinem Anblick und als wir ihn fast erreicht hatten, grüßte ich ihn höflich auf portugiesisch.
Er grüßte mich nicht. Er verhielt sich, als ob ich nicht existierte, obwohl ich genau spürte, daß er uns wahrgenommen hatte. Es war, als ob er beschlossen hätte, daß wir nicht der Existenz
würdig seien.
In diesem Moment sah ich unsere Seelen einander gegenüberstehen. Und ich wußte, daß meine Seele kein bißchen weniger wert ist als seine.
Auf Reisen, vor unserem Zelt.