Wenn die Geburt mit Blasensprung beginnt

 

Eine Geburt beginnt entweder mit Wehen oder mit einem Blasensprung. Bei einem Blasensprung öffnet sich die Fruchtblase, die das Baby umgibt und etwas von dem darin enthaltenen Fruchtwasse fließt ab. Es fließt aber nur ein Teil ab, nicht alles, und es wird auch noch ständig neues Fruchtwasser nachproduziert. Etwa zwei Drittel der Geburten beginnen mit Wehen und ein Drittel mit Blasensprung. Wenn die Fruchtblase sich öffnet, bevor die Wehen begonnen haben, so nennt man das einen vorgeburtlichen oder vorzeitigen Blasensprung. 

 

Der vorzeitige Blasensprung

 

Hierbei gibt es eine gewisse Begriffsverwirrung, denn man könnte denken, mit vorzeitiger Blasensprung sei ein Blasensprung vor 37 Schwangerschaftswochen gemeint und das ist dabei zwar auch eingeschlossen, aber tatsächlich ist damit ein Blasensprung gemeint, der vor Wehenbeginn erfolgt und das kann vor 37 Schwangerschaftswochen sein, also "zu früh" oder auch im normalen Geburtszeitraum, also "termingerecht". 

 

"Vorzeitig" bezieht sich auf die Annahme, Beobachtung oder Idee, dass eine Geburt normalerweise oder idealerweise mit Wehen und nicht mit Blasensprung beginnt oder beginnen sollte und wenn der Blasensprung vor dem Wehenbeginn erfolgt, ist der Blasensprung "vor der Zeit", also vor den Wehen. 

 

Wenn die Blase gesprungen ist...

 

... achtet man auf die Farbe des Fruchtwassers: klar, evtl. mit Vernixflocken (Flocken von Käseschmiere) drin, ist ein gutes Zeichen. Grün kann, muss aber nicht, bedeuten, dass das Baby Stress hatte oder hat. Wenn es grün ist, hat das Baby ins Fruchtwasser sein erstes Kacka gemacht, das Mekonium, welches so dunkelgrün ist, dass es schwarz erscheint, aber in Fruchtwaser gelöst macht es dieses grün. Das kann, wie gesagt aus Stress passieren oder auch einfach nur, wenn der Darm voll war und der erste Stuhlgang raus musste. Letzteres sieht man besonders häufig bei Kindern nach Termin.

 

Wenn die Fruchtblase offen ist, ist der Weg zum Baby offen und es besteht die Möglichkeit einer aufsteigenden Infektion. Es macht Sinn, darauf zu achten, dass das möglichst nicht geschieht bzw. falls es

doch geschieht, es möglichst frühzeitig zu erkennen. 

 

Was man bei Blasensprung zur Vorbeugung von Infektionen machen kann

  • nichts in die Scheide, also keine vaginalen Untersuchungen, kein Sex
  • solange keine richtigen Wehen da sind, nicht baden; wenn gute Geburtswehen da sind, kann man wieder baden
  • super hygienisch sein, z.B. am besten seine eigene Rolle Toilettenpapier benutzen oder sich abduschen
  • gerne Sachen nehmen/essen, die gut zur Infektionsprophylaxe sind: Zink, Zitronensaft, Knoblauch, Honig, frisches Obst und Gemüse...
  • wenn man eine besonders starke Infektionsprophylaxe möchte und falls man es hat, kann man Echinacea-Wurzel als Infus (das bedeutet starker Tee) oder Tinktur nehmen (in Bezug auf die Herstellung und Dosierung schicke ich noch das Echinacea-Infus-Protokoll hinterher)
  • in Krankenhäusern wird zur Infektionsprophylaxe bei langem Blasensprung Antibiose als Tropf gegeben. Ich bezweifle, dass es sinnvoll ist, Antibiotika zur Vorbeugung einzusetzen, da mit jeder Antibiotika-Gabe die Gefahr von zahlreichen, auch schwerwiegenden Nebenwirkungen besteht und man deshalb gut abwägen sollte, ob sie wirklich nötig sind 

Zur frühen Erkennung von Infektionen

  •  Temperatur mehrmals täglich überprüfen
  • falls man weiß, wie man den Puls fühlt, kann man auch den auszählen; bei Infektionen steigt der Puls bevor die Temperatur steigt
  • eine weitere Möglichkeit besteht in der Abnahme und Analyse von Entzündungszeichen im Blut, das sind CRP und Leukozyten; man beachte dabei, dass es normal ist, wenn diese Marker leicht ansteigen nach Blasensprung
  • weitere Anzeichen von Infektion können sein, dass man friert oder sich krank fühlt

Ist das Kind mit dem Kopf gut im Becken?

 

Der Grund für einen vorzeitigen Blasensprung ohne bald darauf beginnende kräftige Wehentätigkeit kann davon kommen, dass das Kind mit dem Kopf nicht gut im Becken ist. Deshalb stelle ich mir in solchen Fällen immer die Frage, ob das Kind mit dem Kopf gut im Becken ist. Die Definition von gut im Becken ist, dass der Kopf des Kindes höchstens noch 2 Querfinger über dem Schambein tastbar ist. Der Unterschied liegt zwischen 2 und 3 Querfingern. Nicht mehr als 2 Querfinger tastbar über dem Schambein ist ein super Zeichen, dass der Kopf gut ins und damit auch höchstwahrscheinlich gut durchs Becken geht. 3 Querfinger und mehr dagegen ist bei Erstgebärenden oder Frauen ohne vorherige vaginale Geburt kein prognostisch gutes Zeichen. Diese Frauen können oft davon profitieren, falls möglich, noch eine Behandlung von einem Osteopathen oder Craniosacraltherapeuten zu bekommen. Um kurzfristig einen an der Hand haben zu können, empfiehlt sich für Geburtshüterinnen die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit einem. Und für Schwangere ist es ratsam, sich schon vor oder oder zu Beginn einer Schwangerschaft einen Osteopathen oder Craniosacraltherapeuten zu suchen, der sich gut mit Schwangeren auskennt, damit man einen hat, falls man einen braucht und damit man evtl. vorhandene Blockaden am Becken möglichst frühzeitig lösen lassen kann. Schwangeren, bei denen bei 38+0 Schwangerschaftswochen der Kopf noch nicht gut im Becken ist, empfehle ich zur Prophylaxe von vorzeitigen Blasensprüngen und schwierigen Geburtsverläufen einen Besuch beim Osteopathen oder Craniosacraltherapeuten.

 

Insgesamt gilt: Bei Erstgebärenden und Frauen ohne vorherige vaginale Geburt, bei denen der Kopf des Kindes bei Blasensprung bzw. Wehenbeginn noch mehr als 2 Querfinger über dem Schambein tastbar ist, kommt es öfter vor, dass sie medizinische Hilfe bei der Geburt einschließlich eines Kaiserschnitts brauchen. Trotzdem können die meisten vaginal gebären, also nicht die Hoffnung verlieren! Nur wäre es z.B. für eine solche Frau nicht ratsam, ihr Kind weitab vom nächsten Krankenhaus mit schlechter Verlegungsmöglichkeit gebären zu wollen. Besser wäre es, in gut erreichbarer Nähe eines Krankenhauses zu gebären. 

 

Es gibt hier einen erwähnenswerten Unterschied bei schwarzen Frauen. Das habe ich von Hebammen in London gelernt, die es von Hebammen aus Ghana und Nigeria gelernt hatten. Die afrikanischen Hebammen brachten den englischen Hebammen dort bei, dass es bei Frauen aus ihrem Teil der Welt öfters als bei weißen Frauen vorkommt, dass auch bei Erstgebärenden bzw. Frauen ohne vorherige vaginale Geburt der Kopf des Kindes erst bei Geburt ins Becken eintritt und alles trotzdem ganz normal verläuft.

 

Fallbeispiel:

Eine Erstgebärende, bei der der der Kopf des Kindes nie tiefer ins Becken ging als 3 Querfinger über dem Schambein tastbar, hat einige Tage über Termin einen vorzeitigen Blasensprung, an einem Freitag. Vorsorge durch mich am Freitag nach dem Blasensprung und am Samstag. Keinerlei Wehentätigkeit. Kopf 3-4 Querfinger über Schambein tastbar. Nach langem Gespräch am Samstagabend kommt heraus, dass die Frau als Jugendliche öfter Probleme damit hatte, dass ihr einer Femur, also der Oberschenkelknochen, aus dem Hüftgelenk sprang. Ich kann einen Craniosacraltherapeuten erreichen, der sich bereit erklärt, sie am Sonntagmorgen in seiner Praxis zu behandeln. Als die Schwangere nach der Behandlung aus der Praxis läuft, spürt sie, wie sich der Kopf des Kindes ins Becken senkt. Am gleichen Tag setzen die Wehen ein und am nächsten Tag gebärt die Frau ein gesundes kleines Mädchen Zuhause.

 

Bedarf es sonst noch einer Lösung oder Klärung?

 

Eine weitere Frage, die ich im Falle von vorzeitigem Blasensprung an die Mutter bzw. Familie stelle, ist, ob noch irgendetwas gelöst oder geklärt werden muss vor der Geburt, z.B. ein Partnerschaftsproblem oder ein altes Trauma.

 

Fallbeispiel:

Eine Frau hat schon ein 10-jähriges Kind, welches problemlos vaginal geboren wurde. Sie ist nun wieder schwanger, mit einem anderen Partner. Einige Wochen vor der Geburt war das Kind schon gut im Becken. Nach einer traumatischen vaginalen Untersuchung bei einer Gynäkologin geht das Kind wieder aus dem Becken heraus und nicht mehr hinein. Die Frau hat etwa eine Woche nach dem (ungewissen) Geburtstermin einen vorzeitigen Blasensprung, gegen 7 Uhr morgens. Sie entwickelt bald eine unregelmäßige Wehentätigkeit. Am nächsten Tag hat sie immer noch eine unregelmäßige Wehentätigkeit. Die Geburt geht nicht wirklich voran und der Kopf des Kindes ist, vom Bauch her getastet, weiterhin nicht gut im Becken. Eine vaginale Untersuchung ergibt, dass der Kopf asynklitisch ist. Sämtliche darauf folgenden Maßnahmen wie Positionsveränderungen und Übungen, um das Baby in eine bessere Position zu bringen (side-lying release, lunges etc., siehe Spinning Babies) bleiben erfolglos. Am Nachmittag des Tages nach dem Blasensprung habe ich mit der Frau, während ihr Mann eine Weile wegfährt, weil er etwas erledigen muss, ein Gespräch mit der Frau darüber, was die Geburt des Kindes aufhalten könnte. Es stellt sich heraus, dass die Eltern des Mannes stark übergriffig sind und sich in Entscheidungen bezüglich der Schwangerschaft und Kindererziehung sehr einmischen. Es waren auch die Schwiegereltern, die dafür verantwortlich waren, dass mehrmals jede Stunde, manchmal alle paar Minuten, das Handy des Mannes piepste. Die Frau hatte sich sehr gestört davon gefühlt, aber nichts gesagt. Und ich hatte leider auch bis dahin nichts gesagt. Im Verlaufe des Gesprächs wurde der Frau klar, dass sie mit ihrem Mann reden muss, damit er seine Eltern in die Schranken verweist. Das tat sie, nachdem der Mann wieder da war und direkt anschließend begab sich das Kind von selbst in eine gute Position und eine kräftige, regelmäßige Wehentätigkeit setzte ein. 

 

Und wie lange kann man bei einem Blasensprung warten?

 

Nun, das ist Ansichtssache.

 

Hier ist die aktuelle offizielle Meinung in Deutschland laut den Ausschlusskriterien für Geburten im häuslichen Umfeld. Dort heißt es, spätestens 24 Std. nach gesichertem Blasensprung soll eine Laborkontrolle der Blutwerte erfolgen und es soll befundabhängig eingeleitet werden. Die meisten außerklinisch arbeitenden Hebammen verlegen nach 48 Stunden Warten nach Blasensprung ohne Wehen die Frau ins Krankenhaus. Und falls eine Frau mit Blasensprung ins Krankenhaus geht, wird sie oft sogar schon früher, aber spätestens 48h nach Blasensprung eingeleitet. Aber ist das wirklich notwendig?

 

Schauen wir uns doch einmal die verschiedenen Optionen genauer an:

  • Weiter abwarten Zuhause. Solange es allen Beteiligten gut geht, ist das durchaus eine Option. Dabei empfiehlt es sich, Infektionen vorzubeugen und natürlich die oben beschriebenen Infektions-Anzeichen zu beobachten und zu erkennen im Fall, dass welche auftreten. Infektionen vorbeugen kann man mit vielen Mitteln, z.B. mit großzügigen Mengen von Zink, Knoblauch, Vitamin C, Vitamin D, Zitronensaft, Honig, Ingwer, Kurkuma. Sehr immunsystemstärkend ist auch Echinacea-Wurzel als Tinktur oder Infus. Mehr darüber hier.
  • Geburt "anschubsen", z.B. mit einer Fußreflexzonenmassage, mit Stimulation von Brustwarzen oder Klitoris und gerne auch Orgasmus (aber ohne Penetration der Scheide, wegen dem Blasensprung), Zimt-Nelke-Ingwer-Tee trinken, Nachtkerzenöl oral nehmen (wegen Blasensprung nicht vaginal).
  • Geburt einleiten Zuhause - dafür stehen verschiedene Mittel zur Verfügung wie z.B. Tinktur von Blue and Black Cohosh oder Rizinusöl.
  • Geburt einleiten im Krankenhaus - auch da gibt es verschiedene Optionen wie Prostaglandin-Gel, Misoprostol-Tabletten (Cytotec, Angusta) oder Wehentropf.

"Anschubsen" halte ich für ungefährlich und falls man es machen möchte, kann man es unbedenklich tun. 

Bei allen Einleitungsmethoden, sei es mit natürlichen Mitteln Zuhause oder mit schulmedizinischen im Krankenhaus, bedenke man, dass sie Nebenwirkungen haben können und dass sie Mutter und Kind unter Stress setzen können, was z.B. zu vermehrtem grünem Fruchtwasser oder Herztonabfall beim Kind oder zu verstärkten Blutungen der Mutter nach Geburt führen kann. 

 

Mehr über die verschiedenen Einleitungsmethoden hier.

 

Die allermeisten Schwangeren (über 90%) bekommen von alleine innerhalb von 48 Stunden nach einem Blasensprung Wehen. Ich habe allerdings schon öfters Schwangere begleitet, die zu den unter 10% gehört haben und die sich entschieden haben, länger zu warten und ich habe damit gute Erfahrungen gemacht. Ich habe auch schon 5 oder 6 Tage auf Wehen gewartet. 

 

Aus meiner Zeit in England als junge Hebamme kenne ich es, dass damals die erfahrenen, älteren, freien Hausgeburtshebammen den Standpunkt vertraten, man könne nach Blasensprung unbegrenzt warten, solange es Mutter und Kind gut geht und vorausgesetzt, es erfolge keine vaginale Untersuchung. Sie vertraten auch die Ansicht, dass es sehr wichtig zur Vorbeugung vor Infektionen sei, keine vaginalen Untersuchungen durchzuführen, weil man damit Keime hochschieben könne. Da diese Hebammen gute Erfolge mit ihrer Methode hatten, habe ich mich daran gehalten und mache grundsätzlich bei Schwangeren mit Blasensprung ohne Wehen keine vaginalen Untersuchungen. Ansonsten bin ich natürlich, wie immer, dafür, dass Schwangere und Paare bei einem vorzeitigen Blasensprung selbstbestimmt und eigenverantwortlich ihren eigenen Weg gehen.